Hin und wieder erreichen uns Anfragen, ob wir auch Mauerbienen Kokons anbieten. Meist kommen diese Anfragen aus dem Grund, dass man eine rasche Besiedlung der gekauften Nisthilfe im eigenen Garten fördern möchte. Wir sehen das etwas kritisch. Warum?

Kurzvorstellung: Osmia, Die Mauerbiene.

Zuerst sollte man wissen, dass Mauerbiene nicht gleich Mauerbiene ist. Denn in Mitteleuropa gibt es schätzungsweise 500 bis 570 verschiedene Mauerbienen. Die Gattungen der Osmia fliegen vom zeitigen Frühjahr bis in den Herbst. Einige Beispiele hierfür:

  • März und April: Osmia bicolor, Osmia cornuta, Osmia pilicornis
  • Mai: Osmia bicornis, Osmia xanthomelana
  • Juni: Osmia claviventris, Osmia leucomelana
  • Hochsommer: Osmia Spinulosa

Die Flugzeiten variieren jedoch nach Witterung, geographischer Lage und Höhe. Die unterschiedlichen Mauerbienen trifft man in ganz unterschiedlichen Lebensräumen an. Einige Arten bevorzugen lichte Wälder, andere sind häufig in Dörfern und Städten zu finden und die Osmia loti findet sich zum Beispiel hauptsächlich im Gebirge.

Was das Pollensammeln betrifft, zeigen sich einige Osmia Arten polylektisch. Was bedeuetet das?

Polylektisch: Biene ist auf keine Pflanzenart spezialisiert.

Oligolektisch: Wildbiene ist auf eine bestimmte Pflanzenart spezialisiert.

Es gibt spezialisierte, also oligolektische, Mauerbienen die man nur an Wachsblumen antrifft, die Osmia Nadunca nur am Natternkopf, wieder eine andere ist auf Korbblütler (Asteraceae) spezialisiert. Viele dieser Arten sind äußerst selten und die Wahl des Nistplatzes und die Verwendung von Baumaterialien sind unterschiedlichst kombiniert.

Die Mauerbiene deren Kokons häufig zum Kauf angeboten werden, ist die polylektische Osmia bicornis oder auch die „rote Mauerbiene“. Diese Art ist, laut Wildbienenforscher Paul Westrich, am flexibelsten in der Wahl der Nestanlage. Zum Nisten suchen sich diese Mauerbienen fertige Hohlräume verschiedenster Art – es gibt wohl auch keine Art von der eine solch große Vielfalt an Nistplätzen bekannt wurde. Die Osmia bicornis bezieht neben Wildbienenhotels auch: Insektenfraßgänge in Holz, hohle Pflanzenstengel, Löcher in Lehmwänden, Ritzen im Wandverputz, Fugen in Fensterrahmen, Schilfrohr von Reetdächern.

Im Buch „Die Wildbienen Deutschlands“ sind auch einige kuriose von Mauerbienen bezogene Löcher wie Türschlösser, leere Streichholzschachteln, Tapetenrollen, Patronenhülsen, eine Flöte oder ein Wasserschlauch aufgeführt. Die Osmia bicornis ist in der Wahl ihrer Nistmöglichkeit also nicht besonders anspruchsvoll, was das sammeln von Blütenpollen angeht eher anspruchslos und ist deshalb am leichtesten erfolgreich anzusiedeln. Sehr ähnlich verhält es sich mit der Osmia cornuta, der „gehörnten Mauerbiene“.

Sind diese Mauerbienen gefährdet?

Nein.

Laut „Deutschland summt“ gelten mehr als die Hälfte der ungefähr 550 Wildbienenarten in Deutschland als bestandsgefährdet. Aktuell werden 52,2% in der Roten Liste der Bienen Deutschlands geführt. Mehr als 40% der Arten zeigen einen langfristig negativen Trend in der Bestandsentwicklung. Ca. 37% der Arten gelten als stabil und knapp 1% der Arten zeigt eine positive Bestandsentwicklung.

Die häufigen roten und gehörnten Mauerbienen gehören nicht zu den gefährdeten Insekten. Im Jahr 2019 wurde die Mauerbiene „Insekt des Jahres 2019„. Prof. Dr. Thomas Schmitt, Direktor des Senckenberg Deutschen Entomologischen Institut in Müncheberg: „Wir möchten mit dieser Wahl auch auf das Artensterben der Wildbienen aufmerksam machen – auch wenn unser Jahresinsekt bisher nicht als gefährdet gilt

Die Mauerbienen sind natürlich auch in unseren Wildbienenhotels ausgesprochen häufig anzutreffen und wir freuen uns über jede einzelne die den Weg von selbst zu uns gefunden hat. Denn eine freiwillige Besiedlung von Wildbienen im Garten bedeutet immer, dass man die richtige Nahrung und den passenden Lebensraum für diese Art geschaffen hat – worum es ja hauptsächlich gehen sollte.

Natürlich macht das die Mauerbiene nicht weniger schützenswert. Aber wir sind der Meinung, dass man dort wo sich Wildbienen aus gutem Grund nicht freiwillig einfinden, sie nicht künstlich hinein gezwungen werden sollten. Daher halten wir es ökologisch für wesentlich sinnvoller das Geld in Nahrungspflanzen für Wildbienen und Lebensraum zu investieren, statt in eine Startpopulation Mauerbienen. Die in die Umgebung passenden Wildbienen kommen dann ganz von alleine und die richtige Natur zu beobachten finden wir auch wesentlich Interessanter!

3 Gründe warum wir keine Mauerbienen Kokons verkaufen

Wir stehen dem Verkauf von Mauerbienen Kokons also eher kritisch entgegen, weshalb wir uns von Anfang an entschieden haben keine Kokons zum Versand anzubieten.

  • Die Mauerbiene ist nicht gefährdet. Eine künstliche Vermehrung durch Zucht und die Entnahme von Wildtieren aus der Natur für private Bespaßung oder Ungeduld erscheint uns befremdlich.
  • Eine Krankheit in der Zuchtstätte kann sich durch den Versand kranker Bienen enorm verbreiten.
  • Innerhalb einer Art gibt es regionale Anpassungen an die Umweltfaktoren des Gebietes auf die man dabei achten müsste. Eine bayerische Mauerbiene unterscheidet sich genetisch von einer Mauerbiene aus dem hohen Norden. (Stichwort: regional angepasstes Saatgut)

Natürlich gibt es auch Mauerbienenzucht für den landwirtschaftlichen Gebrauch – zum Bestäuben von Obstplantagen zum Beispiel. Hier kopiere ich gerne einen Satz von wildbee.ch, denn besser können wir es nicht ausdrücken: „es trägt nicht zu den nötigen Veränderungen in der Landwirtschaft, bestäuberfreundlicher zu werden bei.
Die Landwirtschaft ändert sich nicht, wenn die Honigbienen nur durch andere Bestäuber ersetzt werden, es braucht Pestizidreduktion und naturnäheres Umfeld bei Kulturen. Wildbienen reagieren auf Pestizide empfindlicher als Honigbienen.“

Die Tiere gelangen leider oft in die industrielle Landwirtschaft mit Monokulturen und Pestiziden, wo sie sich von selbst nicht einfinden würden. Auch das möchten wir nicht unterstützen.

Fazit: grundsätzlich sollte es immer unser aller Ziel sein strukturreiche Gärten (oder Parks, Balkons, Fensterbänke…) mit geeigneten Nahrungspflanzen zu schaffen und Pestizide in der Landwirtschaft zu verringern (was ihr mit jedem Einkauf beeinflussen könnt!) damit die Bienen ausreichend Pollen und Nektar finden, um zu überleben und sich auf natürlichem Weg zu vermehren. Und wenn sich durch unsere Wildbienenhotels ein paar mehr Menschen mit dem Thema auseinandersetzen, macht uns das sehr glücklich!