Das Universal Insektenhotel von Gardena
Der Gartenzubehör Hersteller „Gardena“ hat ein Insektenhotel in den Handel gebracht. Es wird damit geworben, dass es formschön und stylisch ist – damit hat Gardena auch definitiv recht. Es sieht toll aus und gefällt uns wirklich gut. Aber…
„leider orientieren sich Wildbienen nicht nach ästhetischen Kriterien – sonst müssten diese Nisthilfen wegen Überfüllung schließen – sondern sie fällen ihre Entscheidungen sehr pragmatisch. Ist es sinnvoll hier zu nisten? Ja oder Nein! Leider lautet die Antwort sehr häufig „Nein“. Manchmal sind in einer winzigen Kaffeedose mit Naturstrohhalmen genausoviele Gänge besiedelt, wie in einem der Wildbienenwolkenkratzer. Die Fehler die beim Bau solcher Anlagen gemacht werden, sind immer die gleichen und eigentlich lassen sie sich sehr leicht vermeiden. Die Freude über den Bau einer solchen Anlage sollte ja schließlich durch eine intensive Besiedelung mit Insekten belohnt werden.“
Quelle: Naturgartenfreude.de / Werner David
Klar, auch wir achten bei unseren Wildbienenhotels auf Design. Auch die Wildbienenglück Produkte zielen darauf den Garten zu verschönern. Aber unser Hauptaugenmerk lag von Anfang an auf der fachlich korrekten Umsetzung unserer Wildbienenhotels. Bei Gardena scheint das man diesen Aspekt zumindest teilweise außer Acht gelassen zu haben. Damit ist dieser Hersteller aber nicht alleine. „Universal Insektenhotels“ sind leider keine Ausnahme, doch leider werden diese selten besiedelt.
Erst informieren, dann werkeln!
Bevor wir Wildbienenglück gründeten, waren wir lange selbst auf der Suche nach einer geeigneten Nisthilfe für unser damals neu angelegtes Insektenland. Wir haben wochenlang immer wieder das Internet durchforstet, Blogs gelesen und Bücher gekauft. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir keine große Lust selbst ein Wildbienenhotel zu bauen, was wir gefunden haben entsprach jedoch optisch nicht unserem Geschmack oder war einfach fachlicher Quatsch.
Über die Ansprüche von Wildbienen kann man sich über das Internet oder in Büchern leicht informieren. Es gibt zahlreiche gute Blogs, Facebook Foren und Artikel darüber was Insekten mögen und wie man Ihnen eine sinnvolle Nistmöglichkeit schaffen kann. Der Nabu hat viel zum Thema Insekten veröffentlicht und Werner David schrieb sich zu diesen Themen zeitenweise die Finger wund.
Wir von Wildbienenglück haben all die Texte der Profis gelesen, umgesetzt und mit einem einmaligen Design in Einklang gebracht. Bei Gardena war scheinbar nicht ganz so viel Zeit zum lesen.
Die Nisthilfe von Gardena weist 4 verschiedene Füllungen auf. Bambusröhrchen, horizontale Schlitze mit Holzspänen dahinter, vertikale Schlitze mit groben Holzstücken dahinter, Bohrungen in Holz.
Schauen wir uns die Bestandteile des Insektenhotels von Gardena zusammen genauer an!
Was macht Sinn?
- Die Bambusröhrchen – Bambusröhrchen mit sauberen Schnittkanten machen natürlich Sinn. Diese sollten mindestens 8 cm tief sein und verschiedene Durchmesser aufweisen, um unterschiedliche Arten anzusprechen. Die vom Gardena Hotel sind 10cm lang.
- Bohrungen in Holz – saubere Bohrungen in Hartholz ergeben den gleichen Sinn wie Bambusröhrchen. Diese ahmen Käferfraßgänge in Totholz nach, in denen die Wildbienen in der Natur nisten und sind daher sinnvoll. Um welches Holz es sich hier handelt, konnte ich leider ebenso nicht herauslesen, es sieht aber eher nach einem Weichholz aus und ist nicht gut entgratet.
- Ich habe gezählt und komme bei der ganzen Nisthilfe auf 63 Niströhren die für Wildbienen zur Verfügung stehen und auch tatsächlich nutzbar sind.
Nun kommen wir zu den anderen beiden „Abteilen“.
Was macht keinen Sinn?
- Horizontale Schlitze mit Holzspänen
- Vertikale Schlitze mit grobem Holz
Gardena schreibt dazu:
Die speziell gestalteten Räume und Kammern sind für viele verschiedene Insekten ausgelegt, sodass jeder Gast einen geeigneten Unterschlupf finden kann.
Quelle: Gardena Produktbeschreibung
Weiter ist beschrieben, dass die Schlitze mit den Holzspänen für Florfliegen, Marienkäfer und die vertikalen Schlitze mit groben Holz für Schmetterlinge gedacht sind. So ist das üblicherweise auch bei anderen Herstellern dieser Universal-Nisthilfen.
Doch ist das sinnvoll?
Der Insektenexperte Werner David schreibt dazu auf seiner Seite:
Überwinternde Florfliegen trifft man häufig in Garagen, Gartenschuppen und Speichern, manchmal sogar in großer Zahl. Wer dagegen jemals eine Florfliege in den dafür vorgesehenen Fächern von Insektennisthilfen finden sollte, darf sich wirklich glücklich schätzen, mir ist es bisher noch nie gelungen.
Ein Biologe der eine Studie über die Überwinterung von Florfliegen in künstlichen Überwinterungsquartieren durchgeführt hat, bewertet den Nutzen solcher Fächer folgendermaßen:„Die Nützlingsquartiere, die Sie mir da im Bild geschickt haben, sind meines Erachtens eher als Spielzeuge für Hobbynaturschützer einzustufen. Kann schon sein, dass sich eine Florfliege da rein verirrt (…), dennoch. sind diese Spielzeuge tatsächlich eher dem finanziellen Ausnutzen gutmütiger Naturschützer denn einem tatsächlich sinnvollen Naturschutz zuzuordnen“.
Für den Nutzen solcher Nisthilfen als Refugium für die ebenfalls blattlausverzehrenden Marienkäfer gilt letztendlich genau das gleiche. Marienkäfer wird man an vielen Stellen in Garten und Haus finden, hier dagegen so gut wie nie.
Wer also glaubt mit dem Aufhängen solcher Insektennisthilfen etwas Sinnvolles für die Marienkäfer- und Florfliegen-Population in seinem Garten zu tun, wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bitter enttäuscht werden.“
Quelle: Naturgartenfreude.de
Auch zu den Marienkäfern können wir Werner David zitieren, denn man kann es einfach nicht besser beschreiben:
Das Schmetterlingsüberwinterungs-Quartier lässt sich am senkrechten Einflugsschlitz zweifelsfrei erkennen. Die Behauptung, in solchen, oft nur wenige Zentimeter großen Fächern, würden Schmetterlinge überwintern, grenzt geradezu ans Absurde. In der Geschichte der Nisthilfen dürfte sich hier noch nie ein Schmetterling gezeigt haben, ich kenne weder entsprechende Berichte noch irgendwelche Belegfotos.
Überwinternde Schmetterlinge findet man an gut geschützten Stellen, beispielsweise in Höhlen und hohlen Bäumen oder im Siedlungsbereich auch in Schuppen, Speichern und Garagen.
Der erschreckende Rückgang unserer Schmetterlingsarten liegt keineswegs am Fehlen von Überwinterungsnisthilfen. Viel entscheidender ist der Verlust geeignete Lebensräume mit den entsprechenden Futterpflanzen für die Raupen.
Schmetterlinge können eine breite Palette von Nektarpflanzen als Energiespender nutzen, manche Raupen sind dagegen zwingend auf eine einzige Pflanzenart für ihre Entwicklung angewiesen. Hier kann der Naturgartenbesitzer durch die Auswahl geeigneter Pflanzenarten aktive Hilfestellung leisten.
Quelle: ebenfalls gefunden auf Naturgartenfreude.de
Abgesehen davon überwintern von den ca. 180 Tagfalterarten in Deutschland nur ein kleiner Teil als Schmetterling:
- Kleiner Fuchs
- Tagpfauenauge
- Zitronenfalter
- C-Falter
- Trauermantel
- Großer Fuchs
Nur diese 6 Arten überwintern als Falter! Alle anderen Arten verbringen den Winter als Ei, Raupe oder Puppe. Schon unter diesem Aspekt sind diese Kästen als Überwinterungsmöglichkeit komplett sinnlos.
Ein Vergleich unserer Produkte
Daten | Gardena Insektenhotel | Wildbienenglück „BienenLiebe“ |
---|---|---|
Geeignet für | Wildbienen (Florfliegen, Marienkäfer, Schmetterlinge) | Wildbienen |
Maße H x T x B | 34 x 13-15 x 11 cm | 28,5 x 13,5cm × 24,5 cm |
Gewicht | 1218 g | 2500 g |
Material | Bambus, Holz (?) | Buche, Schilf |
Gehäuse | Lackiert, Kunststoff | Fichtenleimholz |
Vogelschutz | ❌ | ✔️ |
Zubehör | Stele | ❌ |
Anzahl Niströhren (ca.): | 63 | 129 |
Preis | 63,78€ | 69,00 € |
* das Insektenhotel einzeln macht keinen Sinn, da man es aufgrund des Anschlusses unten nicht ohne den Stil aufstellen kann. Man benötigt diesen also zwingend dazu. 46,99 € (Nisthilfe) + 16,79 € (Stil) = 63,78€
Mehr als Deko und Werbeversprechen!
Besonders irritierend: bei Gardena findet man das Insektenhotel unter dem Punkt „Garden Decoration“ und genau dafür wurde es wohl entwickelt. Das System „Click Up“ ist ein Stab mit dem bekannten Gardena Anschluss. Für diesen Stab gibt es verschiedene Aufsätze: eine Fackel, eine Blumenschale, eine Vogelfutterstation und eine Insektennisthilfe. Unter dem Bild steht:
„Ein Stab – viele Möglichkeiten! Der GARDENA ClickUp! Stiel ist das Basiselement für einen heimischen Garten mit abwechslungsreicher Dekoration zum Wohlfühlen. Das Sortiment beinhaltet Dekoelemente für jede Saison. Das Praktische daran: Mit dem innovativen GARDENA ClickUp! all season lifestyle System können die Aufsätze ganz einfach ausgetauscht werden.
„Ändere die Atmosphäre je nach Stimmung, Saisonalität oder Anlass.“
Quelle: Gardena.de
Ok. Also nehme ich das Insektenhotel vom Stab, weil ich heute lieber Vögel füttern will. Morgen nehme ich es weg, schüttle die Wildbieneneier mal richtig durch (störe sie und riskiere, dass sie vom Pollenbrot purzeln und verenden), weil ich gerade den Fackelaufsatz schicker finde. Das alles läuft dann unter „die heimische Artenvielfalt fördern“ und den „bedrohten Wildbienen helfen“.
Doch tut es das?
Wildbienennisthilfen sollten ein Türöffner für den Wildbienenschutz sein. Sie selbst sind interessant, ein guter Einstieg und pädagogisch wertvoll.
Doch die Wildbienen die in Hohlräumen nisten und somit Wildbienennisthilfen annehmen, sind nicht die Arten, die wirklich bedroht sind. Damit zu werben halten wir für falsch.
Insektenhotels sind ein toller Türöffner für Aufklärung und das i-Tüpfelchen für einen bienenfreundlichen Naturgarten. Dann dürfen sie auch gerne hochwertig und schick sein. Aber sie sollten nicht nur ein Deko Objekt sein, welches gleichzeitig als Retter der Bienen dargestellt wird – denn das ist fachlich und moralisch falsch!
Aber sind wir mal ehrlich: es ist schon ein schickes Deko Objekt!